Eine Frau steht in einer Küche mit Kamin und modelliert.

Modeling Monday mit ARCHICAD!

Heute zeigen wir Ihnen das Master-Studienprojekt von Simon Grewe, Student der HafenCity Universität Hamburg (HCU).

Alle Bilder zum Projekt gibt es auf unserer Facebookseite.

Wohnen in der Speicherstadt Hamburg – vereinbar mit dem Denkmalschutz?


Die Charta von Venedig ist und sollte immer ein unumgänglicher Baustein und Anhaltspunkt im Umgang mit historischen Denkmälern sein. Ihr Ursprung und ihre Existenz sollte zunächst aber hinterfragt werden, denn eine solche Zusammenstellung von Artikeln wäre nicht erforderlich gewesen, wäre nicht vorher unangemessen mit einem historischen Bauwerk umgegangen. Man sollte an dieser Stelle also zu Anfang honorieren, dass mit diesen Grundsätzen weitere „Vergehen“ an Denkmälern verhindert oder zumindest eingeschränkt werden konnten.

Wenn man an Hamburg denkt, denkt man an die Elbe, den Michel, den Hafen und eben auch an die Speicherstadt. Die Speicherstadt, lokalisiert im Herzen der Hansestadt zwischen Nieder- und Oberhafen, war einst einer der wichtigsten Warenumschlagplätze für die Stadt Hamburg, aber auch für weite Teile seiner Umgebung. Heute erinnern vor allem die Ladeluken und die Transportwinden an damalige Zeiten. Waren es früher überwiegend Kakao und Kaffee, sind es heute Teppichhändler, welche die Räumlichkeiten für die Lagerung und den Verkauf der wertvollen Textilien nutzen. Im Zuge dieses Studienprojektes gilt es zu erörtern, wie eine gänzlich neue Funktion – die des Wohnens – in die geschichtsträchtigen Gebäude der Speicherstadt Einzug halten könnte.
Im Bestand dominiert zunächst eines – Dunkelheit und wenig Tageslicht. Eine der Hauptaufgaben war es also, diese Dunkelheit durch geschickte Eingriffe zu beheben oder eben auch die Dunkelheit und das wenige Tageslicht für sich zu nutzen. Neben dem wenigen Tageslicht war zudem auch die Nord-Süd-Ausrichtung eine zu lösende Aufgabe, da reine Nordwohnungen so für uns nicht denkbar und mit den Behaglichkeitsanforderungen der Menschen nicht vereinbar sind. Im Zuge dieses Ansatzes ging es also darum, Wohnungen zu schaffen, die eine größtmögliche Qualität bei geringer Belichtung bieten. Dabei haben wir Kriterien entwickelt, die für uns von unumgänglicher Bedeutung waren. Zum einen sollten alle Wohnungen einen direkten Zugang zum Treppenhaus bzw. zum Erschließungsflur haben, über eine Zweigeschossigkeit verfügen,um das langgestreckte Raumgefühl an gezielten Stellen aufzulösen, und sich das Prinzip des Durchwohnens zunutze machen. Daraus entstanden sind sieben großzügig geschnittene Wohnungen, alle individuell und einzigartig in ihrer Form und Konzeption.

Bei dieser Umnutzung erfährt der Block V15 einige Veränderungen, die mit der Charta von Venedig in Berührung kommen. Zum einen werden bauliche Veränderungen an den Stahlbetondecken und Außenwänden in Form von Abbruchmaßnahmen durchgeführt, zum anderen werden ergänzende notwendige Maßnahmen z.B. in Form von neuen Wohnungstrennwänden, Treppen und neuen Fenstern umgesetzt. Dabei überwiegen quantitativ deutlich die ergänzenden Elemente. Die Charta von Venedig definiert nicht eindeutig und wörtlich, bis zu welchem Grad ein denkmalgeschütztes Gebäude „verfremdet“ oder verändert werden darf. Man muss an dieser Stelle den Artikel 1 hinzuziehen, welcher sich auf jene Gebäude bezieht, die im Laufe der Zeit nicht durch ihre bauliche Kunst, sondern durch ihre Funktionen eine kulturelle Bedeutung für einen Ort, eine Stadt oder eine Region errungen haben. Diese Punkte lassen sich durchaus auf die Speicherstadt projizieren, da diese eine große Rolle in Hamburgs Entwicklung zu einem der wichtigsten Handelsumschlagplätze gespielt hat. Auch die Speicherstadt hat – wie in Artikel 1 beschrieben – im Laufe der Zeit an Bedeutung gewonnen, ist aber auch einigen Änderungen unterzogen worden. Nicht speziell Block V, aber einige Blöcke wurden in einer anderen Bauweise neu errichtet als ihre ursprüngliche Konstruktionsmethode. Es ist unseres Erachtens also legitim zu sagen, dass auch diese Veränderungen an der Struktur des Speichers als Teil seiner Geschichte zu werten sein dürfen. Damit wäre die Speicherstadt mehr wie ein dynamisches als wie ein statisches Denkmal zu verstehen. Die gesellschaftlich nützliche Funktion gemäß Artikel 5 wäre erfüllt und auch Artikel 9 und 13 wären respektvoll berücksichtigt, indem die Kernmerkmale wie z.B. das Mauerwerk, die markanten Stützen und Ladeluken weiterhin in ihrem Ursprungszustand erhalten bleiben.

Wir wollen also weiterhin der Charta von Venedig respektvoll gegenübertreten und sie auch für ihre Verantwortung gegenüber herausragender Baukunst weltweit wertschätzen. Im Falle der Speicherstadt wollen wir sie aber soweit einordnen, dass einige bauliche Maßnahmen an der Speicherstadt unseres Erachtens durchaus zu rechtfertigen und legitim sind und nicht immer eine „nichts-darf-geändert-werden“-Mentalität vorherrschen sollte. Dabei sollte aber gründlich erörtert werden, welche Merkmale die Speicherstadt auszeichnen und in keinem Falle in irgendeiner Art und Weise verändert werden dürfen.

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